Wo du nicht bist, kann ich nicht sein

Wo du nicht bist, kann ich nicht sein

2017
Digitaldruck
Auflage: 500
21 × 29,7 cm
360 Seiten
280 vorwiegend farbige Abbildungen
Hardcover
Deutsch / Englisch
Gestaltung Andrea Baumgartl, Berlin

45 Euro + Versandkosten

Als ich ein Junge war, sieben oder acht Jahre alt, pflegte ich einen ungefähr auf gleiche Weise wiederkehrenden Traum zu träumen, der in einer bestimmten Umgebung spielte, die ich rational niemals wiederzuerkennen oder zu identifizieren vermochte, obwohl ich manches fremde Land gesehen habe. Ich bin geneigt, sie jetzt zu verwenden, um ein klaffendes Loch, eine offene Wunde in meiner Geschichte zu verdecken. Es war nichts Besonderes an jener Umgebung, nichts Monströses oder auch nur Seltsames: nur ein Stück unverbindlicher Festigkeit, von einem Stück ebener Erde vorgestellt und von etwas neutralem Nebel überzogen: mit anderen Worten, mehr die belanglose Kehrseite einer Ansicht als diese selbst. Das Störende an diesem Traum war, daß ich aus irgendeinem Grunde nicht um diese Ansicht herumgehen konnte, um ihr von gleich zu gleich gegenüberzutreten. Im Nebel dort lauerte ein massives Etwas – eine Gesteinsmasse oder ähnliches – von bedrückender und gänzlich sinnloser Gestalt, und im Verlauf meines Traumes füllte ich unaufhörlich irgendeinen Behälter (in die Sprache des Traums übersetzt: einen „Eimer“) mit kleinerer Masse (übersetzt: „Kiesel“), und meine Nase blutete, doch ich war zu ungeduldig und zu aufgeregt, um etwas dagegen zu tun. Und jedesmal, wenn ich diesen Traum hatte, begann hinter mir plötzlich jemand zu schreien, und ich erwachte gleichfalls schreiend, so daß ich den ersten, anonymen Schrei mit seinem anfänglichen ansteigenden Jubelton fortsetzte, ohne daß ihm jetzt noch irgendein Sinn zukam – wenn je ein Sinn darin gewesen war.

aus >Lance< von Vladimir Nabokov